Predigt "Warte auf Gott!"

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Einleitung

Seit vielen Jahren lese ich in meiner persönlichen Stillen Zeit durch die Bibel. Ich weiß nicht genau, wie oft ich sie jetzt durchgelesen habe. Aber immer wieder entdecke ich Schätze darin, die ich bisher ganz übersehen hatte. Und natürlich begegne ich auch vielen Stellen, die mir schon beim letzten Lesen einiges zu sagen hatten. Manchmal ist es interessant zu sehen, was ich dann bei solchen Stellen an den Rand geschrieben habe. Meistens geht es um Situationen oder Zusammenhänge, in denen mir dieser spezielle Bibeltext ganz nah gekommen und persönlich wichtig geworden ist.
Und dann gibt es auch immer wieder Verse, die ich zwar gut kannte, manchmal sogar auswendig, die mir aber irgendwie “aufleuchten”. Ich kann es nicht anders beschreiben. Aber es sind Aussagen, die ich lese und denke, dass sie gerade im Moment für mich eine besondere Bedeutung haben. Manchmal sprechen sie genau in eine Situation hinein. Ein anderes Mal sind es einfach Aussagen, die mir so wichtig werden, dass ich mich mit ihnen länger beschäftigen möchte. So habe ich z.B. einmal einen bestimmten Psalm über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder gelesen.
Dieses Jahr sind es einige Verse aus Ps. 62. Ich habe sie irgendwann Anfang des Jahres gelesen. Die Aussagen in diesen Versen schienen mir so wichtig, dass ich sie für mich zu einer Art “Motto” für 2023 gemacht habe. Ich habe mir das dann auch an den Rand geschrieben: “Für 2023”. Und seither gehören diese Verse in meine tägliche Zeit mit Gott. Wenn ich den Abschnitt für den jeweiligen Tag gelesen habe, lese ich noch einmal diese Verse. Das Spannende dabei ist, dass es dann immer wieder geschieht, dass mir eine spezielle Aussage aus dem Abschnitt ganz besonders wichtig wird.
Ich lese uns einmal den Abschnitt aus Ps. 62, der für mich so wichtig geworden ist:
Psalm 62,6–9 LUT84
Aber sei nur stille zu Gott, meine Seele; denn er ist meine Hoffnung. Er ist mein Fels, meine Hilfe und mein Schutz, dass ich nicht fallen werde. Bei Gott ist mein Heil und meine Ehre, / der Fels meiner Stärke, meine Zuversicht ist bei Gott. Hoffet auf ihn allezeit, liebe Leute, / schüttet euer Herz vor ihm aus; Gott ist unsre Zuversicht. Sela.
Heute möchte ich euch vier kurze Gedanken zu diesen Versen weitergeben. Ein Gedanke hat mich in den letzten Wochen und Monaten immer wieder besonders angesprochen und ermutigt:

1. Er ist meine Hoffnung

Wörtlich übersetzt lautet der Ver 6: “Fürwahr, warte ruhig auf Gott, meine Seele, denn von ihm her (kommt/ist) meine Hoffnung.”
David, der diesen Psalm geschrieben hat, fordert sich sozusagen selbst auf (“meine Seele”), ruhig und still auf Gott zu warten. Die “Seele”, das ist im Alten Testament nicht etwas, was der Mensch in sich hat. Wir verstehen das ja oft so, als sei damit der ewige Wesenskern gemeint, der den Menschen erst zum Menschen macht. Aber das ist griechische Philosophie, nicht die Bibel. In der Bibel wird das Wort, das im hebräischen Text für “Seele” steht, anders gefüllt. Auch Tiere haben das: eine Seele.
Die Grundbedeutung dieses Wortes ist eigentlich “Kehle”, also das Organ des menschlichen Körpers, der für unser Leben absolut unerlässlich ist. Durch unsere Kehle nehmen wir Nahrung auf, atmen und trinken wir. Die “Seele”, das ist dabei nicht etwas, was der Mensch hat, sondern eine besondere Weise, den Menschen zu betrachten. Es ist der Mensch, der ständig darauf angewiesen ist, versorgt zu werden, weil sein Leben sonst gefährdet ist. Deshalb wird das Wort auch für das menschliche Leben selbst benutzt.
Wenn es hier heißt: “Warte ruhig auf Gott, meine Seele”, dann ist genau das gemeint: Erwarte von Gott, dass er dich mit dem versorgt, was du wirklich brauchst. Dass er dir das gibt, was für dein Leben entscheidend wichtig ist. Luthers Übersetzung “Sei nur stille zu Gott” ist daher eine wirklich gute Übertragung dieser Aussage. “Lass Gott ruhig machen. Er versorgt und erhält dein Leben!” Das ist Davids Aufforderung.
In den letzten Monaten ist mir das ganz persönlich in unterschiedlichen Situationen so gegangen. Situationen, in denen ich nicht wusste, wie es weitergehen soll. Was ich machen kann. Wie ich ein Problem lösen kann. Mehrfach kam mir dann dieser Teilsatz aus dem Lied “Befiehl du deine Wege” in den Sinn: “… dass du dich wundern wirst”. Es war, als würde Gott mir sagen: lass mich doch machen. Am Ende wirst du dich wundern, wer ich bin und was ich alles kann.
Die Probleme waren dadurch noch nicht gelöst. Aber das hat mich selbst ruhiger gemacht. Lass Gott mal machen. Er macht das schon. Und das hat mir dann Hoffnung gegeben, auch wenn sich an der Situation noch überhaupt nichts geändert hatte. Das ist dann ja auch die zweite Hälfte des Verses: “denn von ihm her (kommt/ist) meine Hoffnung.”
Das mit der “Hoffnung” ist ja so eine Sache. “Hoffen und harren hält manchen zum Narren”, so sagt unser Sprichwort. Dabei ist Hoffnung doch so wichtig für uns Menschen. Ich habe vor einiger Zeit ein kleines Gedicht des schweizerischen Dichters Heinrich Leuthold gefunden über die Hoffnung: „Zwischen dem Elend und dem Glücke gähnt eine tiefe Kluft. Die Hoffnung schlägt darüber die Brücke, aber sie hängt in der Luft.“
Ich muss immer wieder an eine Situation denken, die ich vor vielen Jahren in Argentinien erlebt habe. (Übrigens: diesen Gedanken habe ich auch schon bei unserem letzten Freundestreffen im Juni in einer Andacht zu Ps. 62 weitergegeben. Wer also dabei war uns sich noch erinnern kann, für den ist das jetzt eine Wiederholung …). Ich war mit Erich und Selma Würfel unterwegs in einem Armenviertel. Mir begegneten Menschen, die völlig verdreckt waren. Ich kam in Hütten, in denen das wenige Hab und Gut zwischen Müll und Dreck lag. Und hinter dem Haus wieder nur Müll. Denn davon lebten diese Menschen. Sie sammelten den Müll der wohlhabenderen Argentinier ein und durchsuchten ihn dann nach Dingen, die man noch essen konnte und Dingen, die man vielleicht zu Geld machen konnte: Metall, Kunststoff usw. Und den Rest, den man nicht mehr gebrauchen konnte, ließ man einfach liegen. Hier und da spielten Kinder zwischen dem Müll oder ein Schwein suchte nach Resten, mit denen es sich ernähren konnte.
Dies zu sehen, hat mich schockiert. Besonders schlimm waren die dreckigen und verlausten Kinder. Dabei hätte man nur wenige hundert Meter gehen müssen bis zum Ufer des Uruguay, einem großen Fluss. Hier hätte man sich zumindest mal sauber waschen können.
Wir sprachen über diese Situation und dann sagte Selma einen Satz, den ich seither nicht mehr vergessen habe und den ich sicher auch in den letzten Jahren immer mal wieder gesagt habe. Sie sagte: “Das Schlimmste ist nicht die Armut. Das Schlimmste ist die Hoffnungslosigkeit.”
Wozu soll man sich waschen? Wozu soll man die Hütte sauber halten? Wenn es doch sowieso keine Hoffnung gibt, aus diesem Elend jemals heraus zu kommen? Wenn man sich für eine Arbeitsstelle bewirbt und seine Adresse im Armenviertel angeben muss, kann man den Job vergessen. Man wird nicht angestellt. Es gibt keine Hoffnung auf Veränderung!
Wenig später waren wir - ebenfalls in einem Armenviertel - in einer Gemeinde. Sie hatten in den vergangenen Monaten und Jahren ein Gemeindehaus gebaut. Allerdings standen bisher nur die Wände. Ein Dach gab es noch nicht. Wenn man im Armenviertel wohnt, hat man nun mal nicht viel Geld für sich selbst und sicher noch weniger, was man in die Gemeinde investieren kann. Aber hier traf ich auf Menschen, die genauso in einem Armenviertel wohnten. Aber sie waren sauber und fröhlich.
Warum? Hatten sie eine Chance, einmal aus diesem Armenviertel heraus zu kommen? Anders als die anderen? Nein. Aber sie hatten eine Hoffnung. Eine Hoffnung, die - wie David hier sagt - von Gott kommt. Die in Gott gegründet ist. Und diese Hoffnung veränderte alles. Diese Menschen wussten, dass sie von Gott geliebt sind und dass auf sie eine Ewigkeit in Gottes Nähe und Gegenwart wartet. Eine Ewigkeit ohne Not, Elend, Krankheit und Tod. Und diese Hoffnung gab ihnen den Mut für jeden Tag.
Und auch für uns gilt das. Gott will uns Hoffnung geben. Nicht diese unsichere Sache, diese Brücke, die in der Luft hängt. Sondern eine Hoffnung, die in der Ewigkeit verankert ist. In Gott selbst. Und ich meine damit bewusst nicht einfach die Hoffnung darauf, dass schon alles gut werden wird. Irgendwie. Sondern die tiefe Gewissheit, von dem Gott geliebt und gehalten zu werden, der über aller Not und allem Elend dieser Welt steht und uns deshalb nie los lässt.

2. Er ist mein Fels

Zweimal in diesen Versen nennt David Gott seinen „Felsen“ (V. 7 und 8). In V.8 schreibt er „der Fels meiner Stärke“. Das Wort, das für “Fels” benutzt wird, findet sich häufig in den Psalmen als ein Bild für Gottes Zuverlässigkeit. Es meint die feste, massive Grundlage, auf der man sicher stehen kann. Häufig ist damit der Aspekt des auf einem hohen Berg gelegenen Zufluchtsortes gemeint.
David hat dies immer wieder erlebt. Dass er sich auf Gott felsenfest verlassen konnte. So, wie ein massiver Felsblock, der einen sicheren Halt schenkte. Ein starkes Bild für Vertrauen und Sicherheit. “Gott”, so sagt David, “Gott, du bist mein starker Fels, auf dem ich getrost stehen kann.” Deshalb nennt er ihn auch seine „Hilfe” und seinen sicheren “Schutz”. Denn schließlich handelt es sich ja um Gott! Den Allmächtigen. Den Schöpfer des Himmels und der Erde. Den, über dem niemand steht und gegen den niemand irgendetwas auszurichten vermag. Wenn dieser allmächtige Schöpfergott an meiner Seite steht, dann kann ich wirklich sicher sein. Dieser Fels ist der „Fels meiner Stärke“, also der Fels, der mir Halt gibt.
Um dieses Bild richtig verstehen zu können, müssen wir uns einmal in eine Zeit versetzen, in der Pfeil und Bogen die einzige Waffe war, die auf Entfernung angewandt werden konnte. Vielleicht noch der Speer, aber der kam natürlich längst nicht so weit. Und Pfeil und Bogen, über welche Distanzen konnte man sie anwenden? Welche Höhen konnten sie überwinden?
Wenn man sich auf einem hohen Berg befand, war man jedenfalls vor allem sicher, was ein Feind aufbieten konnte. Besonders, wenn dort noch eine Burg oder Festungsanlage gebaut war, in der man sich schützen konnte. Auf solch einem hohen Berg war man absolut sicher. Es gibt niemand und nichts, was mir dort, auf diesem hohen Felsen und in dieser starken Festungsanlage, noch gefährlich werden kann.
In einer Zeit, in der man mit Raketen über viele hundert Kilometer schießen und mit Bomben Drohnen und anderen Waffen jedes beliebige Ziel innerhalb kürzester Zeit erreichen kann, ist uns oft gar nicht mehr bewusst, wieviel Schutz diese Vorstellung eines hohen Berges bedeutete. Dieser Schutz, das ist Gott für den Psalmschreiber. Hierhin kann er sich bergen und auf diesen Schutz kann er vertrauen.
Und noch ein zweiter Begriff kommt ebenfalls zweimal in unserem Abschnitt vor:

3. Er ist meine Zuflucht

Luther übersetzt: „meine Zuversicht“. Das hebräische Wort (V. 8 und 9) meint einen Schutzbereich, in den man sich zurückziehen und wo man sicher sein kann. „Meine Zuflucht ist bei/in Gott“, so heißt es in V.8 und in V. 9 lesen wir: „Gott ist unsere Zuflucht“, der Ort, in dem wir uns sicher fühlen können.
Das Wort, das hier verwendet wird, kann auch die Felsklüfte beschreiben, in denen man sich verstecken kann, wenn die Feinde kommen. David hatte das ja selbst mehrfach erlebt, als er sich in der felsigen Umgebung von En Gedi vor Saul in einer Höhle versteckte.
Statt jetzt viel darüber zu sagen, was dieser Begriff bedeutet, möchte ich euch einmal einen kurzen Augenblick Zeit geben, darüber nachzudenken. Was ist zurzeit deine größte Herausforderung, das größte Problem, mit dem du konfrontiert bist? – Pause
Jetzt habe ich eine Frage an dich: „Kann Gott dein Problem lösen?“ Das ist zunächst einfach einmal eine ganz und gar theoretische Frage: Kann er dein Problem lösen? – Pause
Du sagst vielleicht: Natürlich kann Gott mein Problem lösen. Aber ob er das auch will? Ob er auch wirklich an meiner Seite ist? Daher jetzt noch eine letzte Frage, eigentlich eine Doppelfrage: Liebt Gott dich? Woran könntest du Gottes Liebe erkennen? – Pause
Wenn du zu dem Ergebnis gekommen bist: Gott liebt mich, denn er hat ja schließlich seinen einzigen Sohn für mich sterben lassen. Und zu der zweiten Erkenntnis: Gott kann jedes Problem lösen, auch die für mich unlösbar scheinenden Probleme, dann habe ich eine letzte Frage an dich: Was hindert dich dann daran, Gott wirklich von ganzem Herzen zu vertrauen?
Heißt das jetzt, das nun alles gut wird? Dass alle Nöte und alle Krankheiten aufhören?Ich denke, wir alle wissen, dass das nicht so ist. Und jeder von uns hat es auch schon erlebt: Da haben wir für eine bestimmte Situation gebetet und gebetet. Wir haben Gott vertraut - und dann ist doch keine Hilfe gekommen.
Was ist da mit der Hoffnung? Und mit dem Felsen und der Zuflucht? Wo wir doch so gebetet haben. Und auch so geglaubt. Und Gott konnte ja helfen, er ist schließlich Gott! Aber er hat er es nicht getan. Ändert das jetzt etwas an seiner Liebe?
In Situationen, die schwer sind, in denen Gott unverständlich handelt und sein Eingreifen nicht zu sehen ist, haben wir immer zwei Möglichkeiten. Wir können Gott anklagen und nach dem „Warum“ fragen – und uns dabei langsam aber sicher von ihm entfernen. Oder wir wenden uns ihm zu und suchen seine Nähe, seinen Schutz und seine Liebe. Sagen ihm, dass wir ihn und sein Handeln einfach nicht verstehen. Aber dass wir ihm trotzdem vertrauen und seiner Liebe glauben, die er ja am Kreuz so eindeutig unter Beweis gestellt hat. Und dass wir froh darüber sind, dass wir auch in solchen unverständlichen Situation bei ihm unsere Zuflucht finden können.
Genau darum geht es auch in diesen Versen aus Ps. 62. David fordert sich selbst dazu auf, sich wirklich mit allem, was er hat und ist auf Gott zu verlassen. Ein letztes noch:

4. Er ist meine Ehre

Ich habe über diese Aussage schon letzte Woche Freitag, bei unserem Männer-Grillabend etwas gesagt. Lange Zeit habe ich nicht verstanden, was dieses “meine Ehre” in der Aufzählung von “meine Stärke”, “meine Hoffnung”, “mein Zufluchtsort” zu suchen hat. Aber dann habe ich mir die Verse vor unserem Text angeschaut. Da beschreibt David die Situation, in die hinein er diese Aussage macht.
David beginnt den Psalm mit der Aussage: “Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft. Denn er ist mein Fels, meine Hilfe, mein Schutz, dass ich gewiss nicht fallen werde.” (V.2f). Das ist sozusagen die grundlegende theologische Wahrheit. Aber dann kommen die Probleme. In den Versen 4 und 5 spricht David von seinen Gegnern. Menschen, die ihm Böses wollen. Sie stellen ihm nach, wünschen ihm, dass er fällt und machen sich über ihn lustig. Sie tun, als wären sie fromm, aber wünschen ihm das Schlimmste. Statt zu segnen, verfluchen sie ihn.
In diese Situation hinein greift David nun das theologische Bekenntnis vom Anfang des Psalmes wieder auf. Er will sich daran festhalten und das tun, was er da gesagt hat. Und so wird aus dem “Meine Seele ist stille zu Gott” eine Aufforderung: “Sei nur stille zu Gott”. Er beschließt, sich ganz auf Gott auszurichten und alles von ihm zu erwarten. Denn er ist ja sein Fels, seine Rettung, sein Zufluchtsort. Manchmal müssen wir uns ganz bewusst dazu entschließen, das wovon wir theoretisch und theologisch überzeugt sind auch wirklich zu glauben. “Sei nur stille zu Gott, meine Seele”.
Und dieser Gott ist auch Davids Ehre. Das ist es ja, was diese Feinde Davids wollen: sie wollen ihn klein machen. Wollen ihn demütigen. Wollen, dass er fällt. Aber es kann ihnen nicht gelingen, denn Davids Ehre ist an einem absolut sicheren Ort: in Gott. Gott hat David erwählt. Er hat ihn zum König gemacht. Und er erhält ihn auch in seinem Königsein. David weiß: Menschen können wir nichts antun. Sie können meine Ehre nicht ankratzen, denn meine Ehre liegt in Gott. Und da ist sie absolut sicher.
Was tun wir nicht alles um unserer Ehre willen. Wie beleidigt können wir sein, wenn man uns übersieht oder unsere Ehre ankratzt! Ich war ja sechs Jahre lang Pastor in einer kleinen Gemeinde. Da gab es ein Gemeindeglied, bei dem ich immer sehr gut aufpassen musste, dass ich auf keinen Fall vergaß, ihn am Sonntagmorgen ganz bewusst und ausdrücklich zu begrüßen. Sonst war er unendlich beleidigt. Er nahm es sehr persönlich, wenn man ihn irgendwie vergaß.
Wenn meine Ehre in Gott liegt, dann kann es mir eigentlich nichts mehr ausmachen, wenn ich übersehen werde. Ja, sicher tut es noch weh. Aber meine Ehre kratzt es nicht mehr an. Die ist ja sicher bei Gott. Ich bin ja sein Kind - ein Sohn bzw. eine Tochter des lebendigen Gottes. Das kann mir niemand mehr nehmen.
Wir feiern ja heute morgen auch das Abendmahl. Wir wollen das ganz bewusst tun, indem wir uns auf Gott, unseren Vater im Himmel, ausrichten. Er ist unsere Hoffnung, unser Fels, unsere Zuflucht und unsere Ehre. Bei diesem Gott dürfen wir geborgen sein. Dazu hat er seinen Sohn Jesus Christus Mensch werden lassen. Jesus ist für unsere Schuld am Kreuz gestorben, damit wir zu Gott kommen, damit er unser Vater im Himmel werden kann.
Das Kreuz ist die letzte und absolute Bestätigung: Gott ist unsere Rettung. Bei ihm können wir für Zeit und Ewigkeit geborgen sein. Er gibt uns Hoffnung für dieses Leben und für die Ewigkeit. Unsere Ehre liegt darin, dass wir durch Jesus Christus Königskinder geworden sind. Kinder der lebendigen Gottes, der Himmel und Erde gemacht hat. Im Abendmahl erinnern wir uns daran. Wir feiern den großen Gott und König, der durch Jesus Christus unser Vater geworden ist. Wenn wir gleich Brot und Wein (bzw. Traubensaft) zu uns nehmen, wollen wir mit David sagen:
Psalm 62,6–9 LUT84
Aber sei nur stille zu Gott, meine Seele; denn er ist meine Hoffnung. Er ist mein Fels, meine Hilfe und mein Schutz, dass ich nicht fallen werde. Bei Gott ist mein Heil und meine Ehre, / der Fels meiner Stärke, meine Zuversicht ist bei Gott. Hoffet auf ihn allezeit, liebe Leute, / schüttet euer Herz vor ihm aus; Gott ist unsre Zuversicht. Sela.
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